Allgäuer Zeitung: Wohldosierter Hurra-Fußball

Regionalliga-Aufsteiger FC Memmingen liefert zuhause gegen Schweinfurt eine gute Leistung ab, liegt aber lange 0:1 zurück. Erst die Entdeckung der Emotionalität sichert am Ende ein 1:1, berichtet die Allgäuer Zeitung. 

Dieser FC Memmingen stellt seine Fans und Unterstützer auch in dieser Saison vor ganz schön viele Rätsel. Schlecht spielen und verlieren, gut spielen und gewinnen – das scheint dem Rückkehrer in die Fußball-Regionalliga, der schon in der vergangenen Saison zum FC Wankelmut mutierte (auswärts hui, zuhause pfui), irgendwie zu billig. Auch das Heimspiel am Freitag gegen den FC Schweinfurt hätte beinahe ins Memminger Kuriositätenkabinett eingereiht werden können. Kapitän Manuel Konrad sorgte in der Schlussphase mit dem 1:1 (0:1) aber doch noch für ein versöhnliches Ende.

MM Fußball Regionalliga Bayern FC Memmingen – FC Schweinfurt 1905 1:1 (0:1) Memmingen rote Trikots und Schweinfurt weiße Trikots Auf dem Foto Manuel Konrad Memmingen beim Kopfballduell mit Tom Feulner Schweinfurt

Rätsel um FCM-Cheftrainer Stephan Baierl: Zunächst wunderten sich die knapp 900 Zuschauer in der Memminger Arena darüber, dass FCM-Trainer Stephan Baierl nicht an der Linie stand. Baierl würde aus „privaten Gründen“ fehlen. Auf der Pressekonferenz später verriet Baierls Vertreter Bernd Maier, dass sein Chef im Urlaub live mitgefiebert habe und das halbe Hotel mitbekommen habe, „dass wir noch das 1:1 gemacht haben.“ Aus der Toskana ließ Baierl unsere Redaktion wissen: „Der Urlaub war lange abgesprochen. Ich habe ihn guten Gewissens angetreten.“

Gelöbnis in der FCM-Kabine: Baierls Stellvertreter hat dem Team nach der 0:4-Pleite zuletzt gegen Vilzing in der Kabine eine Art Gelöbnis abgerungen, einen Schwur darauf, „dass wir später hier gemeinsam zusammensitzen und uns nichts vorwerfen können.“ Und ja, die Memminger spulten ein hohes Laufpensum ab, gingen robust in die Zweikämpfe und kamen zu ihren ersten Chancen. Stürmer Noah Müller, dem Maier seine beste Saisonleistung attestierte, tat sich besonders hervor. Ein Torjubel blieb ihm trotz mehrerer entschlossener Versuche aber versagt. Das 0:1 in der 19. Minute stellte den Spielverlauf auf den Kopf. Der FCM hatte sich im eigenen Stadion auskontern lassen, Dominik N’gatie tänzelte mit einer feinen Körpertäuschung an FCM-Torhüter Dominik Dewein vorbei und schob ein.

Nach dem 0:1 ziehen Gewitterwolken auf Just zu diesem Zeitpunkt verschwand die Memminger Abendsonne und dunkle Gewitterwolken zogen auf. Allzu viel Symbolkraft wollte Maier dem aber nicht geben: „Das 0:1 hat unsere bisherige Saison widergespiegelt. Wir sind am Drücker und bekommen einfache, teils kuriose Gegentore.“ Sein gedanklicher Sprung 64 Spielminuten weiter zum 1:1 zeigt die Mühsal, die der FCM auf sich nehmen musste, um die Scharte auszuwetzen. „Wir müssen 200 Prozent mehr investieren, damit wir zu unseren Toren kommen“, sagte Maier.

FCM hat ein Effizienzproblem: Bevor Kapitän Konrad den Ausgleich erzielte (83.), hatten beide Teams großzügig ihre Chancen liegen lassen. Müller hatte für den FCM die Latte getroffen (28.), aber auch bei nahezu jedem Schweinfurter Angriff brannte es lichterloh vor dem FCM-Gehäuse. Nach der Pause hatte die Heimelf deutlich mehr Spielanteile, kam aber nicht zum Ziel. So hätte sich niemand wundern dürfen, wenn der 39-jährige Schweinfurter Ex-Profi Adam Jabiri dem FCM mit zwei sehenswerten Freistößen den Garaus gemacht hätte.

Kapitän Konrad köpft kraftvoll Als sieben Minuten vor dem Spielende auch das Memminger Publikum aufwachte, bei einem Eckball rhythmisch klatschte und sich plötzlich auch die Mannschaft noch einmal lautstark anfeuerte, fiel das 1:1. Kapitän Manuel Konrad hatte bei der Hereingabe von Janis Peter nicht nur den höchsten Luftstand, sondern auch die härteste Stirn, um den Ball wuchtig zum 1:1 ins lange Eck zu köpfen. „Der Punkt war mehr als verdient. Wir haben eine sehr, sehr gute Leistung gezeigt“, sagte Konrad – mit einer Einschränkung: „Wir müssen es regeln, dass die Stimmung von der Tribüne nicht erst in der 83. Minute kommt.“

Co-Trainer erleichtert: Die richtige Balance zu finden zwischen dem unbeschwerten Hurra-Fußball eines Aufsteigers und dem systemtreuen und bisweilen einschläfernden Abspulen einer Taktik, ist auch für Co-Trainer Maier eine der größten Herausforderungen: „Wir können nicht 90 Minuten Vollgas-Fußball mit Emotionen auf den Platz bringen. Wir brauchen auch Ruhephasen.“ Nach seiner Premiere als hauptverantwortlicher Trainer war der 36-Jährige erleichtert: „Wir haben ein brutales Spiel abgeliefert. Viel mehr geht nicht.“

Für den FC Memmingen heißt es Nachlegen: Am Dienstagabend (19 Uhr) steht gegen den FC Augsburg II bereits das nächste Regionalliga-Heimspiel an. Im Hinblick auf das Programm der nächsten Wochen mit den schweren Aufgaben beim FC Bayern München II und gegen den FV Illertissen gilt es in diesem schwäbischen Duell Zählbares einzufahren.

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Von Thomas Weiss – Allgäuer Zeitung vom 28.08.2023 – Foto (C) Siegfried Rebhan

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