Illegale Sportwetten auf den FC Memmingen aus dem Ausland

Datenscouts beliefern internationale Wettanbieter mit Live-Informationen von Bayerns Fußballplätzen. Auch auf den FC Memmingen werden im Ausland Sportwetten abgeschlossen, berichtet die Allgäuer Zeitung:

Sportwetten im Amateurfußball und Datenscouts auf den bayerischen Sportplätzen – was die Fernseh-Dokumentation „Angriff auf den Amateurfußball“ vor wenigen Wochen enthüllte, klingt zunächst kaum vorstellbar. Doch wie wirkt sich das Agieren der Wettanbieter auf die Allgäuer Vereine aus? Während die Bayernligisten TSV Kottern und 1. FC Sonthofen bislang verschont blieben, wird im Ausland eifrig auf die Spiele des FC Memmingen gesetzt.

Die Vorgeschichte Ein anonymer Hinweis aus dem Ausland brachte ein Rechercheteam des Bayerischen Rundfunks auf die Spur, dass auf dem internationalen Markt auf Spiele des deutschen Amateurfußballs gewettet wird. In Kooperation mit dem Kirchheimer SC, letztjähriger Bayernligist aus dem Münchener Raum, gelang es den Investigativ-Journalisten, die Hintergründe aufzudecken. Die betroffenen Wett-Optionen bieten eine auffällige Funktion: Neben den üblichen Informationen zu den Vereinen, der Anstoßzeit und den Wettquoten gibt es die Möglichkeit, das Spielgeschehen der jeweiligen Partie anhand einer grafischen Aufbereitung live zu verfolgen. In der Reportage ist zu sehen, dass jegliche Aktionen wie ein Abstoß, Torschuss oder eine Ecke innerhalb weniger Sekunden beim Wettanbieter abgebildet werden. Auch die Wettquoten verändern sich entsprechend in Echtzeit und bieten verlockende Gewinnchancen. Die Amateurspiele werden teilweise bei bis zu 40 verschiedenen Buchmachern gelistet, darunter viele der weltweit größten und bekanntesten Unternehmen. Da das Glücksspiel im Amateursport in Deutschland gemäß Paragraf 284 des Strafgesetzbuches verboten ist, werden die Spiele nur im Ausland angeboten.

Die Datenscouts Doch wie landen die Echtzeit-Daten und Spielaktionen bei den Wettanbietern? Das Recherche-Team deckte auf: Unter die Zuschauer beim Heimspiel des Kirchheimer SC hatte sich ein Scout gemischt, der das Spielgeschehen per Smartphone an seinen Auftraggeber übermittelte. Als der Verdächtige des Platzes verwiesen wurde, gab es auf der Seite des Wettanbieters keine Aktualisierungen mehr. Die Journalisten stellten im Nachgang fest, dass die Scouts vom Sportdatenhändler „Sportradar“ beauftragt wurden.

Die Wetten Laut BR -Auswertung wurden in der Saison 2023/24 mindestens 2700 deutsche Amateurspiele von Datenscouts besucht. Auch beim FC Memmingen hält man Ausschau nach den stillen Beobachtern. „An Spieltagen gehen wir durchs Stadion und blicken vereinzelt über die Schultern der Zuschauer, um sicherzugehen, dass nur eine WhatsApp-Nachricht und keine Spieldaten verschickt werden“, sagt Andreas Schales, Medienverantwortlicher des Allgäuer Klubs. Während in der Memminger Arena noch keine Auffälligkeiten festgestellt wurden, wird im Ausland regelmäßig auf die Spiele des Bayernligisten gewettet. Da die Heimspiele des FCM vom Streamingdienst Sporttotal übertragen werden, ist eine Eindämmung der Datenerhebung nahezu unmöglich – das Wettgeschehen macht sich bereits seit geraumer Zeit bemerkbar: „Unsere Spieltags-Posts auf Facebook werden seit einigen Jahren mit Kommentaren dubioser Accounts geflutet. Immer wieder wird dort nach Live-Tickern, -Übertragungen oder dem aktuellen Spielstand gefragt.“ Auch Beschwerden über verlorene Wetten oder begeisterte Rückmeldungen über gewonnene Geldbeträge gehören zu den Kommentaren in den Sozialen Medien, die vom Verein gelöscht werden.

Die Gegenmaßnahmen Seit Ausstrahlung der Doku wird vor den Bayernliga-Heimspielen des FC Memmingen mit einer Durchsage und Aufstellern darauf hingewiesen, dass nicht-akkreditierten Personen die Übermittlung von Spieldaten untersagt ist. Die Mannschaft sei zu Saisonbeginn bei der obligatorischen Besprechung über Doping- und Wett-Regularien aufgeklärt worden.

Von Nicolas Gayer – Allgäuer Zeitung vom 12.10.2024 – Foto ©

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